Zeitgenössisch vermitteln
Erinnert ihr euch an euren letzten Museumsbesuch? Denkt weit zurück in die ferne Prä-Corona Zeit … War der Besuch damals geil? Habt ihr richtig was mitgenommen oder seid ihr einfach durch die Räume geschlurft? Letzteres wäre ehrlich gesagt ziemlich uncool – aus der Sicht der Museen. Passive Schauer*innen sind für Kunstinstitutionen seit den 1970ern ein absolutes No-Go. Seitdem wollen alle mehr. Es geht ums Aktivieren, darum, dass das Museum kein reiner Ausstellungsort sein, sondern sich öffnen muss. Das gilt bis heute. Die Devise lautet: Betrachten war gestern, Gestalten ist morgen.
In den 70ern startete also die Kunst- und Kulturvermittlung eine steile Karriere. Heute ist “Vermittlung” ein buntes Feld, das von der klassischen Führung über Workshops, hin zu analogen Ausstellungsbegleitern und begleitenden Digitalformaten reicht.
Mit all diesen vermittlerischen Engagements haben wir als selbsternannte „Kunstafficionados“ viel zu tun. Damit möchten wir uns in diesem Beitrag auch in aller Öffentlichkeit beschäftigen. Deshalb haben wir uns von Martina Oberprantacher erklären lassen, was Vermittlung war, was aus Vermittlung wurde und was Vermittlung heute ist und sein kann. Die Boznerin leitete mehrere Jahre das Department für Vermittlung im Lenbachhaus in München und ist heute Direktorin im Kunstmeranoarte in Meran. Außerdem haben wir transalpin aktuelle Vermittlungsprogramme aus Norditalien, Westösterreich, Süddeutschland und der Ostschweiz gescannt und im Selbsttest für euch unterschiedliche (überraschende?) Formate unter die Lupe genommen. Also Kunst gehört, gesehen, gefühlt. (Kitschalarm!) An digitaler Kunstvermittlung kamen wir – Corona sei Dank – auch nicht vorbei, deshalb gibt es selbstverständlich auch im virtuellen Bereich eine komplett individuelle Einschätzung darüber, was heute geht bzw. darüber, was gar nicht geht.
Zur Einführung haben wir das augenscheinlichste, wohl älteste Element der Kunstvermittlung genauer angeschaut. Saaltexte sind als Begleitung schließlich zur schönsten, nein besser wichtigsten, Nebensache der Ausstellung aufgestiegen. Sie sollten informieren, erklären, einordnen, Denkanstöße geben und über das Objekt und die Ausstellung hinaus Anregungen zum Weiterdenken liefern. Manchmal nerven sie aber einfach nur. Den Trend hin zu leichter Sprache, ganz im Sinne der Inklusion, machen (noch) nicht alle Kunstinstitutionen mit. Oder, was kommt euch in den Sinn, wenn ihr die unten stehenden (künstlerisch nicht wertvollen) Videos mit dem besten Weirdo-Kunst-Sprech, den wir in den letzten Monaten so notiert haben, anseht? Dabei riefen der deutsche Museumsbund oder das österreichische Kulturministerium mehrmals offiziell dazu auf, neben der klassischen Museumssprache (Sprachniveau C1) doch bitte auch leichte Sprache anzubieten. Um zum Beispiel auch Nicht-Muttersprachler anzusprechen. Oder einfach all jene, die nicht seit fünf Jahren ein “Texte zur Kunst”-Abo abgeschlossen haben. Schließlich geben viele Texte, gerade in der zeitgenössischen Kunst, Besucher*innen das Gefühl, “Achtung, für diesen Text haben Sie zu wenig Wissen!”. Die Frage lautet: Wie geht ein einfaches Sprechen über Kunst, ohne banal zu sein? Wie können Expert*innen und Laien befriedigt werden? Das Salzburg Museum hat seinen Zugang gefunden, indem es mehrere Zugänge anbietet (siehe unten). Weitere, kleine & feine Anregungen zum Thema “Leichte Sprache” findet ihr dort unten ebenso. Als Einführung in den Beitrag “Zeitgenössisch vermitteln” hier noch unser erster Befund in diesem Beitrag: Auch wir glauben, dass vielfältige (sprachliche) Zugänge zum progressiven, inklusiven, demokratischen Moment des zeitgenössischen Vermittelns dazugehören. Oder einfach: Mit Vielfalt geht zeitgenössisches Vermitteln.