Der ist im Ausstellungskontext auch besonders relevant, da wir uns gerade in einer Zeit befinden, wo den Museen bewusst wird – auch in ihrem Umgang mit Sammlungen – dass sie den westlichen Kanon aufbrechen müssen. In diesem Kontext zeigen Iman Issas Arbeiten, dass alle einfachen Veränderungen oder Umkehrungen wieder an Fallstricke gebunden sind. Es wird immer kompliziert und falsch, wenn wir mit zu klaren Vorstellungen von Identität operieren. Dies betrifft u.a. die Subjektposition der Künstler*in, das sieht man etwa in den Selbstporträts Issas, die sich jeweils mit einer anderen Person im Porträt verschränkt (aus der Serie „Proxies“). Das Wissen darum, dass die Vorstellung einer Ganzheit, einer abgeschlossenen Entität, sowohl was die Künstler*innenbiografie als auch das Objekt betrifft, eine Fiktion ist, ist bei Iman Issa zentral. Also auch wenn uns im Kunstbetrieb klar ist, dass wir einiges umdenken müssen, halten wir trotzdem im grundlegenden Denken an Oppositionen fest, die das Problem nur verschieben, verlagern, aber nicht an der Wurzel packen. Die visuellen Ergebnisse von Iman Issa sehen für mich außerdem sehr relevant, sehr präzise aus. Es gibt keine Verweigerung von Visualisierung und Form, eher ein Verkomplizieren. In ihrer Serie „Lexicon“ geht Issa auch von Kunstwerken und ihren Titeln aus, die sie neu interpretiert und neue Vorschläge macht, wie diese Begrifflichkeiten sich heute manifestieren könnten. Der Text allerdings beschreibt das historische Werk. Mit diesem lässt sie ihren Vorschlag zusammenprallen.