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Die Gegenwart grüßt

Italien-Special:
Heilendes Influencen

Riecht ihr den Süden? Im Zuge der Eröffnung der Architekturbiennale (hier, hier und hier reichen wir erste lohnende Besprechungen nach) dürften einige von euch, unseren werten Leser*innen aus dem D-A-CH-Raum bereits Südluft geschnuppert haben. Und auch wir haben in dieser Woche die Alpen hinter uns gelassen – never ever aber die Kunst. Wir haben für die heutige Post aus dem Büro also einige News aus ☀️Italien☀️ zusammengetragen, von denen wir euch jetzt nur allzu gern erzählen.

Zunächst nach TURIN: Wusstet ihr, dass Kunst heilen kann? Ja, "Art heals" sagt das Castello di Rivoli, die Adresse für zeitgenössische Kunst im Nordwesten Italiens. Im Castello, genauer in der Ausstellung der Schweizer Künstlerin Claudia Comte kann man sich aktuell gegen Covid-19 impfen lassen – eine Schlagzeile, die es bis in die New York Times geschafft hat. Für Direktorin Carolyn Christov-Bakargiev ist die Aktion ein perfektes Zusammenspiel von Gegenwartskunst und gesellschaftlicher Verantwortung. "Art has always contributed to the care of society – it is no coincidence that some of the first museums in the world were formerly hospitals", erklärte die ehemalige documenta-Direktorin anlässlich der temporären Zwischennutzung ihrer Ausstellungsräume. Impfwillige sollen sich in der immersiven Comte-Schau, ein Mix aus Wand- und Soundinstallation, übrigens äußerst entspannt gefühlt haben. Können wir uns vorstellen: Wir sind seit Comtes Intervention im Kunstraum Dornbirn ebenso Fans des Schweizer Shootingstars. Wer Claudia nicht kennt, kann sie hier anlässlich ihrer aktuellen Show im TBA21 in Madrid noch einmal kennenlernen.
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Weiter nach ROVERETO: Weniger nach ihrer heilenden Wirkung, vielmehr nach ihrem Influencer-Potenzial befragt die ganz frisch installierte Ausstellung "Botticelli. Il suo tempo. E il nostro tempo" im MART gerade Renaissancekunst – konkret die Meisterwerke von Sandro Botticelli (1445-1510). Was meint ihr, beeinflusst seine berühmte "Geburt der Venus" wirklich heute noch Künstler*innen (hat sich zuletzt auch der neue Kunst-Podcast der ZEIT gefragt, der schleunigst auf unsere Spotifyliste kommt)? Dass das Motiv längst noch nicht in allen Formen durchdekliniert ist, will die Ausstellung jedenfalls beweisen. Und schickt die zahlreich angereisten Besucher*innen zuerst einmal im Schweinsgalopp durch die großen Schätze der Florentiner Uffizien. Erst dann folgt Gegenwartskunst. Dort u.a. Michelangelo Pistolettos "Venere degli stracci" (1. Bild links) oder zumindest als Motiv etliche Male Superinfluencerin Chiara Ferragni, die sich immer wieder mal vor italienischer Renaissancekunst inszeniert und aus den heiligen Hallen instagramt. 27 Prozent mehr Publikum verzeichneten die Uffizien dank des "Ferragni-Effektes", heißt es aus Florenz. Klar, dass Uffizien-Direktor Eike Schmidt "la Ferragni" (die mit ihrem Ehemann Fedez quasi täglich Headlines für italienische Tageszeitungen produziert – zuletzt sogar zum Thema Meinungsfreiheit) mit in seine Prunkausstellung nach Rovereto holt. Erdacht hat sich Schmidt das Ausstellungskonzept übrigens mit dem wohl streitbarsten italienischen Kurator Vittorio Sgarbi. Kurzum: Den Boomer-Muff riecht man im MART und trotzdem gelingt den beiden der Konnex zur Gegenwart. Ferragni gerät in der Ausstellung etwa gar zur "La Madonna degli Influencer" (von Giuseppe Veneziano, 2. Bild links). Uns sind in dieser Ausstellung jedenfalls einige Fragen im Kopf geblieben: War Botticellis Venus die Influencerin der Renaissance? Oder wird die Ferragni heute göttingleich verehrt? Und geht Influencen und Kunst und Kunst influencen überhaupt?
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Pause Ende, jetzt weiterlesen:
Zuletzt ins FERNSEHEN: Mit "Störfaktor Kunst" lanciert ARTE ab 2. Juni eine Dokureihe (abrufbar auch über die Mediathek), die längst auf unserer Must-See-Liste steht. In drei Folgen packt sich die Reihe Großthemen wie Macht, Politik oder Feminismus und trifft Künstler*innen, die mit ihrer Kunst provokativ, offensiv und ungemütlich hinterfragen – mit dabei ist auch Gregor Schneider, der übrigens 2012 im Kunst Innsbruck seinen ersten Sterberaum realisiert hat. Die Regisseurin der ARTE-Doku ist übrigens Nicola Graef, die nicht nur Filme, sondern auch Ausstellungen macht. Mit uns hat sie vor rund einem Jahr über ihre Ausstellung "Feelings" in der Pinakothek der Moderne in München gesprochen. Graefs kuratorischer Ansatz war voll auf das Publikum ausgerichtet: Wie reagieren Betrachter*innen auf ein Kunstwerk ohne den Hintergrund zu kennen? Welche Emotionen löst es aus? Kunst sehen – nur mal anders. Ist das was für euch?
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WHAT'S NEXT?

Letzte Woche haben wir schon einmal über das Museion berichtet. Gestern wurde dort die erste Einzelausstellung von Jimmy Robert in Italien eröffnet (hier seht ihr ihn performativ im MIGROSMuseum Zürich). Wir durften schon einmal vorab durch "Mirror Language" streunen...

(Weitere Sneak Peeks dazu & special südliche Buchtippsgibt's wie immer drüben auf Instagram!)

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Mehr auf buerofuergegenwartskunst.com

Bildcredits: (1) Screenshots Instagramauftritt des Castello di Rivoli (2) c) BfG: Ausstellungsansichten von "Botticelli. Il suo tempo. E il nostro tempo." (MART Rovereto), Michelangelo Pistoletto "La Venere degli stracci", 1967 & Giuseppe Veneziano "La Madonna degli Influencer", 2021 (3) BfG: Ausstellungsansichten "Feelings" (Pinakothek der Moderne, München): Elmgreen & Dragset "Modern Moses", 2006 (4) BfG, Ausstellungsansicht "Jimmy Robert: Mirror Language" (Museion Bozen).

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