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Die Gegenwart grüßt

Wo sind
die Künstlerinnen?

Every year the same procedure: Das alljährliche Wundern über den Kunstkompass im Wirtschafts(!)-Magazin Capital. Und gar nicht so sehr darüber, dass Gerhard Richter das Ranking zum nunmehr 18. Mal anführt. Sondern darüber, wie wenig Frauen in der Liste vorkommen. Unter den Top 50 finden sich – wir zählen mal schnell nach – gerade einmal 11. Das hat natürlich auch ein bisschen mit der Formel des Rankings zu tun. Dort verdienen sich die Künstler*innen jährlich Punkte dazu, die da zusammengerechnet werden aus: Einzelausstellungen in Museen + Teilnahme an großen Biennalen + Rezensionen in Kunstmagazinen + Ankäufe durch Museen + Awards + Public Art. Seit 1970 werden diese Punkte hochgerechnet – gut, damals war der Männeranteil ja noch wesentlich höher. Und alltäglicher. Das alles ergibt bei Gerhard Richter (und vielen anderen Künstlern) schlussendlich derart hohe Summen, dass sie gar nicht so einfach einzuholen sind. Die Verkaufspreise sollen in der Auflistung übrigens keine Rolle spielen, sagt Capital. Die guys von Kunst = Kapital haben hier dem Ranking 2020 eine ganze (ebenfalls sehr männliche!) Podcastfolge gewidmet. Und wo sind die Künstlerinnen? Hier bei uns. Wer die ganz Wichtigen in den letzten Jahren im Alpenraum sehen wollte, der war im Bozner Museion eigentlich immer wieder an der richtigen Adresse: Mit Personalen von Monica Bonvicini (ausgestellt 2009, im aktuellen Kunstkompass auf Platz 31), Isa Genzken (ausgestellt 2010, im aktuellen Kunstkompass auf Platz 19), Rosemarie Trockel (ausgestellt 2013, im aktuellen Kunstkompass auf Platz 4) und Valie Export (ausgestellt 2011, im aktuellen Kunstkompass auf Platz 94) hat das Museum in rund 10 Jahren einen tollen Überblick über die Hochkaräterinnen geliefert – ähnlich wie das Kunsthaus Bregenz mit Barbara Kruger (ausgestellt 2013, im aktuellen Kunstkompass auf Platz 80), Jenny Holzer (ausgestellt 2004, im aktuellen Kunstkompass auf Platz 16) oder Cindy Sherman (ausgestellt 2006, im aktuellen Kunstkompass auf Platz 5). Fast noch spannender als die Top 100 sind im Kunstkompass ja die "Stars von morgen". Und diese Liste wird mit Yayoi Kusama (?), Alicja Kwade und Anne Imhof auch gleich von drei Frauen angeführt. Von den Aufsteigerinnen zu den Top 100 gewechselt ist inzwischen Hito Steyerl, von der uns in unserer Nähe eine Personale (so wie diese) noch schwer abgeht. Im Bild entführen wir euch deshalb in ihren Zukunftsraum ("This is the future") auf der letzten Biennale in Venedig. Ob sich Hito Steyerl um ihr Kunstkompass-Ranking schert? Wohl eher nicht. Sie hat wichtigere Dinge im Kopf. Das deutsche Bundesverdienstkreuz hat sie sich vor rund einem Monat auch nicht einfach vergeben lassen. In der ZEIT wartete sie da lieber mit höflichen Ablehnung samt saftiger Kritik am Umgang der deutschen Politik mit der Kulturszene während der Pandemie auf. Ein Applaus übrigens für diese Ansage!
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Ihn aufstrebend zu nennen, wäre untertrieben. In Österreich ist er längst einer der Top-Künstler*innen. Und das Schöne: Auf Thomas Feuerstein trifft man in unserer Homebase Innsbruck ständig. Genauso oft wie in internationalen Ausstellungen, aktuell etwa (siehe Bild 1) in "Die Intelligenz der Pflanzen" im Frankfurter Kunstverein – eine Schau, die Wissenschaft und Kunst verschmelzen lässt. Da passt Feuerstein mit seinen künstlerischen Forschungen (u.a. zum Thema Algen!) natürlich perfekt dazu. 2015 war im Frankfurter Kunstverein bereits "Psychoprosa" zu Gast, eine Einzelschau des Künstlers, die im Innsbrucker TAXISPALAIS startete. Dort, in der Kunsthalle Tirol, ist Feuerstein seit gestern wieder zu sehen – nicht mehr mit einem schleimspukenden Labor, aber mit seinen grafischen Arbeiten. Schon drei Mal wurde er wie jetzt im Rahmen des Österreichischen Grafikwettbewerbs mit ausgestellt. (Wer den Bewerb nicht kennt: Es ist übrigens der älteste künstlerische Wettbewerb Österreichs. Die Preise werden seit 1952 vergeben.) Jetzt zurück zu Feuerstein: Seine Arbeiten finden sich regelmäßig in der Galerie Thoman ein, die den Künstler auch vertritt. (Ein Gespräch mit Galerist Max Thoman haben hier schon einmal geführt). Feuerstein selbst ist derweil auch in Architektur-Kreisen anzutreffen. In Form einer Gastprofessur bringt er den Studierenden des Instituts für experimentelle Architektur – aka ./studio3 Gegenwartskunst und das Künstler*innen-Sein näher. Und Feuerstein schlägt sich durch bis in die PhD-Forschungsarbeiten der Architekturstudierenden, die seit Kurzem im aut. tirol und architektur gezeigt werden – nicht nur jene des ./studio3! Was haben wir da, wo es um Zukunft der Architektur geht, entdeckt? Algen (siehe Bild 2) und Wald!? Lasst euch Letzteres, wenn ihr mögt, so erklären. Wie Wissenschaft und Kunst zusammenfließen können, sieht man in der "potenziale 3" definitiv.
An dieser Stelle folgt eine kurze
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Pause Ende, jetzt weiterlesen:
Über Kunst im öffentlichen Raum haben wir schon und werden wir künftig noch ausgiebig sprechen. Ihr wurdet hiermit gewarnt! Anfang November wird darüber zusätzlich bei BIG Art, der Kunstoffensive der Ö-Bundesimmobiliengesellschaft geplaudert. Nicht nur so nebenbei. In einer Konferenz wird es 1 Tag lang um die "Archivierung der Gegenwart" gehen – sprich um den Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum. Da kommen sie wieder, die großen Fragen: Was bleibt? Wer entscheidet, was behalten wird? (Diese und so ähnliche Fragezeichen zum Thema Erinnern haben wir hier gesetzt). Und: Welche Herausforderungen entstehen durch das Bewahren? Auf der BIG-Homepage kann man sich im Vorfeld der Diskussion durch die aktuellen Projekte der Initiative klicken. In Tirol sind das neben Peter Sandbichlers "Zeitbogen" aktuell Habima Fuchs' "Comprimising The Universe". Noch bis 29. Oktober läuft die Anmeldung zur Konferenz in Wien. Alle Vorträge (insgesamt 10) sind aber auch per Live-Stream überall abrufbar. Treffen wir euch dort? Wir werden in der Diskussion vielleicht ein paar der big Fragen stellen. Wie wäre es mit dem Titel des Newsletters? Weil er halt immer gestellt gehört.
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WHAT'S NEXT?

Otobong Nkanga hat das Kunsthaus Bregenz übernommen. Und die Künstlerin erzählt dort jetzt ihre Geschichte der Elemente Erde und Wasser. Und weil es eine zeitgenössische Erzählung ist, kommt diese ohne das Kapitel "Ausbeutung der Natur" nicht aus. Ihre Intervention entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Lehmbauexperten Martin Rauch und über 50 Tonnen Lehmerde, die in den letzten Wochen ins KUB gehievt wurden.

Ihr wollt mehr sehen?
Schaut demnächst einfach bei Instagram vorbei.
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Mehr auf buerofuergegenwartskunst.com

Bildcredits: (1) (c) BfG, Installationsansicht Biennale Venedig 2019 (2) c) Frankfurter Kunstverein, Courtesy: the artist and Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Foto: Norbert Miguletz, c) BfG, Installationsansicht "potenziale 3" im aut. architektur und tirol (3) 2x BfG, Screenshot Youtube & Screenshot Youtube (4) c) KUB/Markus Tretter

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