"Christo wäre glücklich gewesen" Macron weiht verhüllten Triumphbogen ein
16.09.2021, 20:26 UhrIn ihrer Jugendzeit träumte das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude davon, den Pariser Arc de Triomphe zu verhüllen. Inzwischen sind beide tot, doch das Werk wird trotzdem vollendet. Frankreichs Präsident Macron erfreut sich an dem "verrückten Traum".
Von einem Jugendtraum zu einer posthumen Hommage: Das Projekt des verhüllten Pariser Triumphbogens hat das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude ihr ganzes Leben begleitet - und darüber hinaus. "Es war ein verrückter Traum", sagte der französische Präsident Emmanuel Macron zur offiziellen Einweihung. Er lobte die "Beharrlichkeit" des Künstlerpaares, das vor bürokratischen Hürden nie zurückschreckte. Macron erinnerte an Christo als "eleganten jungen Mann", der heimlich die Statuen auf dem Trocadéro eingepackt hatte. Und er beglückwünschte das Centre Pompidou, das dazu beigetragen hatte, das Projekt wieder aufleben zu lassen.
Christo und Jeanne-Claude wurden am selben Tag geboren, waren aber sonst ein ungleiches Paar: der aus Bulgarien geflohene, staatenlose Künstler und die Stieftochter eines Charles de Gaulle nahestehenden Generals. Aus dem Fenster ihrer Dachstube in Paris konnten sie den protzigen Triumphbogen sehen, den Napoleon für die getöteten Soldaten in Auftrag gegeben hatte. Eine Idee keimte auf. Sie fotografierten ein verschnürtes Paket und die Champs-Elysées bei Nacht und fügten beide Aufnahmen in einer Fotomontage zusammen. So entstand 1962 die erste Projektskizze zum verhüllten Triumphbogen.
Zu sehen waren das Paket und die Fotomontage im vergangenen Jahr in einer Retrospektive des Künstlerpaares im Pariser Centre Pompidou. Im Zentrum der Ausstellung stand die Verhüllung der Brücke Pont Neuf, für die Christo und Jeanne-Claude 1985 aus New York nach Paris zurückgekehrt waren. Als das Museum die Ausstellung plante, ergab sich für Christo plötzlich die Chance, das lang gehegte Vorhaben umzusetzen - wenn auch ohne Jeanne-Claude, die 2019 gestorben war. Da Macron zeitgenössische Kunst ebenso schätzt wie bildstarke Aktionen an geschichtsträchtigen Orten, waren die bürokratischen Hürden schnell überwunden.
Erst die Falken, dann Corona, dann Christos Tod
Doch dann kam es zu Verzögerungen: erst durch ein paar Falken, die in dem Gemäuer nisteten, dann durch die Corona-Pandemie. Im Mai 2020 starb Christo im Alter von 84 Jahren. Die Retrospektive hatte er noch per Video-Anruf ansehen können, die Verhüllung des Triumphbogens erlebte er nicht mehr. "Er wäre sehr glücklich gewesen", meint Andrey Paounov, ein bulgarischer Filmemacher, der Christo für einen Dokumentarfilm begleitet hatte. "Für Christo gab es keine Grenze zwischen Leben und Kunst, es war alles eins", sagt der Filmemacher. Seine Kunst bestehe nicht allein in dem fertig verhüllten Monument, das zwei Wochen lang zu sehen sein wird. "Alles gehört dazu, die erste Skizze, der Genehmigungsprozess, der Kampf gegen die Bürokratie", erklärt er.
Zwei Monate dauerte der Aufbau, vier Wochen wird der Abbau dauern. Die 25.000 Quadratmeter Polypropylen-Gewebe stammen aus dem Münsterland, genau wie bei der Verhüllung des Reichstags, die damals viele Berliner und Besucher verzaubert hatte. Die Planen sind mit etwa 3000 Metern roten Seilen verschnürt, so dass der Triumphbogen wie ein überdimensioniertes Geschenkpaket mitten auf dem riesigen Kreisverkehr steht.
Die ersten Reaktionen sind begeistert. Als die ersten Planen heruntergelassen wurden, gab es spontanen Applaus der Zuschauer. "Es wird wie ein lebendes Objekt sein, das sich im Wind bewegt und das Licht spiegelt", so hatte Christo einige Monate vor seinem Tod sein Werk beschrieben. Kritik kommt allenfalls von Umweltschützern, die eine unnötige Verschwendung einer großen Menge Kunststoffs bemängeln.
Die Organisatoren, unter ihnen ein Neffe Christos, verweisen darauf, dass der Stoff wiederverwertbar sei und dass das Projekt ohne öffentliche Gelder auskomme. Und wann ist der schönste Moment, das monumentale Paket anzuschauen? Für Paounov sind es Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Und da es am Wochenende regnen soll, könnte es über dem steinernen Bogen auch einen Regenbogen geben. Das verhüllte Monument ist vom 18. September bis zum 3. Oktober ausgestellt.
Quelle: ntv.de, mau/AFP