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Wenn die Kunst auch Lärm macht

Die Umbauarbeiten in den Räumlichkeiten der Sonderausstellung gehen in die finale Phase – ab 10. Februar 2022 erwartet die BesucherInnen dort ein akustischer Städtetrip mit innovativer Klanginstallation, einer erweiterten, sogenannten „Augmented Reality“. In Menschengröße nachgebaute und zu einer 3D-Welt geformte Häuserfassaden- geschaffen von Deborah Sengl – fügen sich in eine Audio-Umgebung der Sound-Künstler Peter Kollreider und Thomas Aichinger. 

Im Interview mit der Wiener Künstlerin wollen wir mehr über das von ihr gestaltete Stadtlabyrinth erfahren, das man „hörend“ durchwandert und aus dem man nur durch genaues „Zuhören“ wieder hinausfindet.

Warum bist Du Künstlerin geworden?
Meine Eltern sind beide bildende Künstler. Mir war schon sehr früh klar, dass ich auch diesen Weg gehen möchte. Auf Anraten meiner Mutter, die mich vor den Schwierigkeiten dieser Berufswahl verschonen wollte, habe ich neben dem Kunststudium ein Biologiestudium angefangen. Das Interesse für die Naturwissenschaften und die Tiere im Speziellen sind geblieben. Der Drang nach Kreativität und Freiheit waren aber dominanter und so gehe ich seit Jahrzehnten meiner allergrößten Leidenschaft, der Kunst, nach.

Die Audioversum-Ausstellung „SenCity“ wird auditiv vermittelt. Wie ist Dein Zugang zu diesem zeitgenössischen Ausstellungsformat?
Ich sehe mich als bildende Künstlerin. Jedoch suche ich bewusst die Verknüpfung mit anderen Medien und künstlerischen Ausdrucksformen. Mir ist der narrative Zugang in meiner Arbeit sehr wichtig. Die klassische bildende Kunst ist oftmals statisch und das versuche ich zu durchbrechen. Mein Projekt „ESCAPE!“ im Wiener Museumsquartier ist bis jetzt mein umfangreichster Versuch dieser Art gewesen. Die Kooperation mit anderen Künstlern und Experten ist sehr befruchtend. Es erweitert meinen Horizont und gleichzeitig bietet es dem Publikum ein breiteres Angebot an Sinneserfahrungen. Die Einladung von Julia Sparber-Ablinger, ein ähnliches Projekt für das Audioversum zu entwickeln, hat mich in diesem Zugang bestärkt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Lärmverschmutzung und die enge Zusammenarbeit mit den Sounddesignern Peter Kollreider und Thomas Aichinger sind eine wunderbare Gelegenheit, mich neuen Herausforderungen zu stellen, ohne dabei meine persönliche Handschrift zu verlassen.

In Deiner Kunst spielst Du oftmals mit Tieren als Protagonisten, lässt Dich von Eigenschaften inspirieren, die den Tieren zugeschrieben werden. Wie bist Du in dieser Ausstellung zu Deinen Protagonisten gekommen?
Ich verwende seit jeher Tiere bzw. deren Köpfe, um menschliche Eigenschaften darzustellen. Durch das Weglassen von menschlichen Gesichtern, vermeide ich die naheliegende und ganz automatische Anziehung oder Ablehnung der jeweiligen Protagonisten. Mein Fokus liegt bei den Verhaltensmustern und dem thematischen Umfeld meiner „Darsteller“. Im Rahmen dieser Ausstellung schöpfe ich aus dem Fundus meiner unzähligen Akteure und baue diese, der Geschichte entsprechend, in meine Stadt ein.

Spielt Musik, spielen Klänge in der Entstehung Deiner Kunst eine Rolle?
Ich höre viel und sehr gerne Musik. Bis jetzt kamen Klänge aber nicht in der vordergründigen Bedeutung wie in dem aktuellen Projekt „SenCity“ vor. Die Auseinandersetzung und Vermischung mit anderen künstlerischen Medien ist eine große Bereicherung und Inspiration für mein Schaffen. Nichts ist mir langweiliger als Stillstand und Wiederholung. Meine Kunst bietet mir immer wieder neue Möglichkeiten, mich neuen Themen und Techniken zu öffnen. Endlich hat sich nun die passende Gelegenheit ergeben, den wichtigen akustischen Part in meiner Kunst einfließen zu lassen.

Ist für Dich das Hörbare auch identitätsstiftend?
Bei dieser Frage denke ich vor allem an Stimmen. Die eigene Stimme ist einem von Natur aus gegeben und an dieser lässt sich kaum etwas ändern. Dennoch trägt sie stark zu einer Außenwirkung bei und ich muss zugeben, dass mich das spezielle Sprachorgan meines Gegenübers und dessen Lautstärke schon gelegentlich angezogen oder eben auch abgeschreckt haben.

Kann Hören auch unangenehm sein? Was sagt Dir der Begriff anthropogener Lärm?
Ich reagiere auf Geräusche aller Art sehr sensibel. Das wird tatsächlich immer extremer und seither ich weiß, dass es dafür sogar den Begriff „Misophonie“ gibt, fühle ich mich mit dieser Empfindlichkeit nicht mehr ganz so allein. Die Schwierigkeit, mich mit und in dieser lauten Welt zurechtzufinden, war für mich ausschlaggebend, diese Ausstellung dem „anthropogenen Lärm“ zu widmen.

Das Interview führte Julia Sparber-Ablinger

 

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