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Ab hier
übernimmt die Kunst

Manchmal findet man einfach nicht die richtigen Worte, nicht die richtige Formulierung, nicht die richtige Aussage. Besonders in Zeiten wie diesen. Das gilt nicht für diesen Newsletter. Denn manchmal – das sehen wir zurzeit auch im öffentlichen Raum – ist es besser, die Kunst sprechen zu lassen. Über Krieg. Klimakrise. Gender. Besonders in Zeiten wie diesen. Im Wiener Museumsquartier hat die Kunst längst übernommen. Künstler*innen aus der Ukraine (Koordination: Nikita Kadan), Belarus (Koordination: Marina Naprushkina) und Russland zeigen Statements an der Hauptfassade sowie an der Fassade des Leopold Museums. Künstler*innen wie Hito Steyerl (siehe im Bild) wenden sich mit ihren Arbeiten gegen die Okkupation der Ukraine. Ähnlich verfährt das Münchner NS-Dokumentationszentrum: Dort spricht Kunst gegen den Krieg und für den Frieden. Auf die Außenfassade wird aktuell die Arbeit "Eine Taube breitet ihre Flügel aus und bittet um Frieden“ (1982) projiziert. Es handelt sich dabei um ein Werk der Künstlerin Marija Prymačenko (1909–1997), mehrere Arbeiten von ihr wurden am 28. Februar 2022 bei einem Angriff russischer Truppen auf den ukrainischen Ort Iwankiw zerstört. Was Ai Weiwei zum Krieg zu sagen hat, haben wir uns gestern, Freitag, übrigens auf Instagram angeschaut. Nicht auf dem eigenen Kanal des chinesischen Exilkünstlers, sondern auf jenem der Albertina. Den hat er für 24 Stunden gekapert. Weil er ab 16. März in der Albertina modern eine große Retrospektive eröffnet. Also rieselten gestern im Stundentakt Clips rein. Unkommentiert. Dabei ist er in seiner neuen Schau ja "in search of humanity". Und welche Botschaft will Ai Weiwei damit versenden?
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Eine weitere wichtige Gelegenheit, Kunst sprechen zu lassen, gab es vergangene Woche anlässlich des 8. März – zum Weltfrauentag, feministischen Kampftag oder wie ihr ihn nennen wollt. Wir folgen in diesem Kontext heuer ganz dem Beitrag der wunderbaren Sophia Süßmilch in der neuen Publikation "Das Paradies ist weiblich" der Südtiroler Autorin Tanja Raich. Also Hauptsache, das Patriarchat wird zur Schlachtbank geführt. Weil wir schon in Südtirol sind, folgende Geschichte: Als Zeichen der Zuversicht hat das kleine Museum Kunst Meran diese Woche ihre Terrasse Gina Klaber Thusek gewidmet – und dort gleich auch ein Straßenschild angebracht. Der Gina-Klaber-Thusek-Platz hoch über den Dächern von Meran soll ein Gegengewicht zur – nicht nur in Meran – sehr männlichen Straßennamen-Historie bieten. Warum Gina Klaber Thusek (1900–1983), fragt ihr euch? Das Museum zeigt die in Böhmen geborene Künstlerin, die als Staatenlose nach Meran kam, derzeit auch in den eigenen Ausstellungsräumen – und feiert in der Gegenüberstellung mit der Meraner Künstlerin Elisabeth Hölzl sozusagen zwei Wiederentdeckungen. Und eine Wiederbegegnung. Denn die Schau "Lichtpausen, lückenhaft" ist mehr als eine klassische Doppelausstellung. Die beiden begegneten sich Anfang der 70er schon einmal in Meran. Die viel jüngere Hölzl hat von Klaber Thusek quasi gelernt. Ihr Nachlass wurde für Hölzl jetzt zum Erinnerungsmoment und zur Inspiration. Und: Klaber Thuseks Œuvre wird in Kombination mit Hölzls Arbeiten in Kunst Meran erstmals raumgreifend. Die Raumansichten, die wir euch hier zeigen, jedenfalls sind äußerst poetisch – und erzählen auf ihre Weise ein Stück Südtiroler Kunstgeschichte. Ein Stück, das auch noch lang übersehen wurde. Ja, diese Ausstellung könnte sich zum Geheimtipp entwickeln.
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Gar kein Geheimtipp mehr ist die Ausstellung "Göttinnen" im Innsbrucker TAXISPALAIS. Wir haben erste Eindrücke davon ja bereits auf Instagram vorgestellt. Sie ist auch deshalb besonders, weil sie ausstellungstechnisch ein Experiment darstellt. Ein Experiment, von dem wir noch nicht wissen, ob es für uns funktioniert. Denn: Die Ausstellung wächst. Die Kunst zieht im Zwei-Wochen-Takt ins Haus ein. Eröffnet wurde mit Arbeiten von Elisabeth von Samsonow. Zur ihr hat sich inzwischen das Karrabing Film Collective, ein indigenes Kollektiv, das in Australien aktiv ist, mit zwei Filmen (u. a. diesem) gesellt. Auf das Kollektiv haben wir gespannt gewartet, weil es spätestens seit der letzten documenta (14!) in aller Munde ist. Aber am besten spricht das Kollektiv hier selbst. In den heute durchaus experimentellen Filmen der rund 30-köpfigen Crew geht es um die ökologische Krise und das koloniale Erbe. Beide Elemente sind fest verknüpft, das wird auch im halbstündigen "The Mermaids: Mirror Worlds" (2018) im TAXISPALAIS klar. Darüber wird US-Anthropologin Elizabeth A. Povinelli (auch Teil des Kollektivs) wohl kommende Woche als Gästin in Innsbruck sprechen. Gefreut haben wir uns auch, dass sowohl Povinelli als auch das Karrabing Film Collective Teil der Biennale Gherdeina sein wird, die Mitte Mai in den Südtiroler Dolomiten eröffnet wird. Das dürfte passen, auch weil die Biennale in engem Kontakt mit (und mit besonderer Rücksicht auf) der sie umgebenden Landschaft entworfen wird. Kuratiert wird die Kunstschau in diesem Jahr von Lucia Pietroiusti und Filipa Ramos. Nach der Künstler*innen-Liste soll demnächst auch das Programm erscheinen. Wir sind jedenfalls gespannt!
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WHAT'S NEXT?

Um "Soft Power", im Sinne von indirekter politischer Machtausübung, und den weiblichen Körper, der für Staaten- und Mythenbildung seit jeher instrumentalisiert wurde, geht es in der neuen Ausstellung von Jasmina Cibic im Museum der Moderne Salzburg. Cibics Intervention "Most Favoured Nation" ist Installation, Film und Arbeit am Raum zugleich. Und bekommt vor dem aktuellen politischen Hintergrund in Europa noch einmal eine ganz neue Dringlichkeit.

Mehr davon seht ihr wie immer
drüben bei Instagram.


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Bildcredits: (1) (c) Filmstill, Hito Steyerl, o.T., 2022 (2) 3x c) Kunst Meran/Elisabeth Hölzl (3) c) 3x BfG, Ausstellungsansicht "Göttinnen", TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol (4) c) BfG. Ausstellungsansicht "Jasmina Cibic. Most Favoured Nation", Museum der Moderne, Mönchsberg.

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