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Die Gegenwart grüßt

Vorsichtig
implantiert

Für diesen Newsletter versuchen wir uns auf zeitgenössische Kunst und Jetzt-Initiativen zu beschränken – so ganz ausklammern lässt sich das große Feld historischer Museen aber nicht. Immer wieder stoßen wir auch dort auf interessante Geschichten, die wir euch natürlich nicht vorenthalten wollen. Diese Woche war das etwa eine Intervention in der Dauerausstellung des Spielzeugmuseums in Nürnberg. Eine Besucherin hatte das Team nämlich vor einiger Zeit auf die rassistische Figur "Alabama Coon Jigger" aufmerksam gemacht. Eine intensive Recherche begann, an dessen Ende stand: "Das unkommentiert ausgestellte Spielzeug im Spielzeugmuseum war also eindeutig rassistisch", schreibt Karin Falkenberg im hauseigenen Museumsblog. Die Beschwerde veranlasste das Museumsteam zu einer Untersuchung der gesamten Schau. Schlussendlich wurden Überlegungen und Leitlinien zum Thema "Ethik im Museum" formuliert. Das hat auch medial hohe Wellen geschlagen. Inzwischen setzt das Haus auf Kontextualisierung oder Trigger-Warnungen, Rassismus soll jedenfalls nicht reproduziert werden. Eine wichtige Message, die auch Alice Hasters in ihrem Buch "Was Weiße nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten" sendet. Auch sie erzählt darin - sehr persönlich - von einer Begegnung mit einem ähnlichen Objekt. Nicht nur ihre Geschichte, sondern auch das "...eine Ecke weiter denken..." im Spielzeugmuseum (das sich gerade zum "Emotionalen Weltmuseum" weiterentwickelt) hat uns selbst einige Ecken weiter denken lassen. Danke dafür!
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Dass Gegenwartskunst immer wieder mal an ungewöhnlichen Orten "implantiert" wird, auftaucht und dann temporär einfach da ist, dieses Phänomen nehmen wir derzeit gehäuft in Südtirol wahr. Letztes, gut gemachtes Implantat: Ein neu eröffnetes Ausstellungsprojekt des Südtiroler Künstlerbundes, das in Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Schnals entstanden ist. Im Rahmen von "Kunst in der Kartause" wurde "implant(at)karthaus", eine Intervention von sieben Künstler*innen in der Kartause von Karthaus realisiert. Was? Wie? Kar...? Ja, das im 14. Jahrhundert gegründete Kloster Allerengelberg im Schnalstal hat sich in mehreren hundert Jahren in ein Dorf verwandelt und wurde in den letzten Jahre immer wieder (auch) Kunstort. Skulptur, Installation und Performance sind jetzt dort anzutreffen. Mit dabei sind in diesem Sommer Stefan Alber, Barbara Gamper, Irene Hopfgartner, Judith Neunhäuserer, Wolfgang Nöckler, Leander Schönweger und Alexander Wierer. Solltet ihr gerade einmal in der Nähe des Schnalstals sein, schaut vorbei; und wenn ihr später noch (wirklich) hoch hinaus wollt, klettert doch auf den Schnalstaler Gletscher, auf dessen Grat Ólafur Elíassons "Our Glacial Perspectives" zu finden ist – ein Lehrpfad und Andachtsraum in einem. Wir verbleiben noch kurz in der Kartause: Den Südtiroler Künstlerbund haben wir ja als äußerst umtriebigen Vermittler und Ermöglicher von Gegenwartskunst kennengelernt. An unser Gespräch mit Geschäftsführerin Lisa Trockner erinnern wir uns gern zurück, hier könnt auch ihr es euch nochmal ansehen.
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Pause Ende, jetzt weiterlesen:
Ein Video, das uns in letzter Zeit ständig begegnet und uns innerlich nicht mehr loslässt, ist Anne Imhofs "Untitled (Wave)", das hier schon einmal als "womöglich das Kunstwerk der Pandemie" bezeichnet wurde. Spätestens seit ihrem spektakulären, mit dem Goldenen Löwen bekrönten FAUST (jetzt auch als Album) verfolgen wir praktisch alles, was Anne Imhof fabriziert. Das Prinzip ihrer neuesten Arbeit ist simpel und radikal zugleich: Eine junge Frau (die wundervolle Eliza Douglas) steht auf einer Betonplatte am Meer und peitscht die aufsteigenden Wellen aus. 30 Minuten lang. Aktuell ist das starke Stück Videokunst in der Stoschek-Foundation in Berlin zu sehen (hier spricht Kunstsammlerin Julia Stoschek darüber), es ist Teil der großen Anne-Imhof-Einzelschau im Palais de Tokyo (hier und hier warten Besprechungen auf eure Lektüre) und jetzt wurde das Video auch für das Donaufestival in Krems angekündigt. Wir würden sagen, "Wave" kommt dem Alpenraum langsam näher. Und wir warten mit der Peitsche!
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WHAT'S NEXT?

Im Innsbrucker Kunstraum eröffnete vor Kurzem die Ausstellung "Resurgences of Amazonia!" , die Einblicke in die Arbeit von Moara Tupinambá und Uýra Sodoma liefert. Es geht um die Perspektive indigener Identitäten, um Erinnerung, Herkunft, koloniale Vergangenheit und eine Gegenwart der ökologischen Krise. Der performative Auftakt in Innsbruck hat gezeigt, da steckt Power dahinter.

(Sneak Peeks zur Ausstellung gibt es
wie immer auch drüben auf Instagram)


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Mehr auf buerofuergegenwartskunst.com

Bildcredits: (1) c) BfG, Screenshot Webseite (2) 1 c) Kathrin Kofler, Leander Schönweger "Käfige" 2021 2 c) Daniela Brugger, Alexander Wierer, Kreuz-Kompliation, 2021 3 c) Daniela Brugger, Irene Hopfgartner, Ohne Titel, 2021 (3) c) Anne Imhof, Untitled (Wave), 2021. Installationsansicht, A FIRE IN MY BELLY, JSC Berlin. Foto: Alwin Lay.(4) c) BfG, Ausstellungsansicht "Resurgences of Amazonia!", Kunstraum Innsbruck

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